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Editorial

Fit für die Zukunft:
Gespräch in der Leitung

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lic. oec. HSG Markus Hauser (CEO) und Dr. oec. HSG Arnold Bachmann (Verwaltungsratspräsident)

 

Das Spital ist eine wichtige Anlaufstelle für die Menschen, wenn es um die medizinische Grundversorgung geht. Diagnose, Erstversorgung, Behandlungen verschiedenster Art wie Notfälle, operative Eingriffe, Pflegeleistungen oder Therapien während der Rekonvaleszenz gehören zum breiten Leistungsspektrum, das Schweizer Spitäler anbieten – sowohl in bevölkerungsreichen Ballungszentren als auch in weniger dicht besiedelten Regionen. Das Spannungsfeld zwischen dem öffentlichen Leistungsauftrag, dem medizinischen Grundbedürfnis der Bevölkerung und den Anforderungen aus dem Gesundheitswesen bringt grosse Dynamik in ein Spital.

 

Kürzlich erschien in einer Zeitung ein Artikel über die Zusammensetzung von Spitalverwaltungsräten. Ein Wirtschaftsexperte monierte, dass im obersten Gremium von Spitälern Ärzte, Politiker und Anwälte übervertreten sind und Ökonomen oder erfahrene Manager fehlen. Arnold Bachmann, mit Ihnen als Präsident sowie Dr. Rolf Widmer und Reto Nick als Mitglieder sind beim Kantonsspital gleich drei Ökonomen im Verwaltungsrat. Wie beurteilen Sie diese Zusammensetzung?

Arnold Bachmann: Zumindest kann man unserem Verwaltungsrat (VR) nicht eine Untervertretung an Ökonomen vorwerfen (lacht). Jeder Aktionär hat spezifische Anforderungen an die Zusammensetzung eines VR. In unserem Fall ist mit lic. iur. Susanne Jenny das juristische und mit Dr. med. Rodolfo Slongo das medizinische Fach nebst der erwähnten Ökonomie kompetent vertreten. Der Kanton als Eigentümer möchte im VR vertreten sein und stellt den Gesundheitsdirektor Rolf Widmer. Diese Vernetzung mit der Politik ist für uns ein Vorteil. Nach 25 Jahren im Gesundheitswesen und als CEO des Kantonsspitals Graubünden (KSGR) bringe ich meine Erfahrungen aus dem Spital-Management als Präsident des VR ein. Dass die Ökonomie so gut vertreten ist, war nicht von Anfang an ein Ziel, sondern hat sich vielmehr so ergeben. Insgesamt erachte ich die Zusammensetzung als ideal.

Markus Hauser, auch Sie sind Ökonom. Wie hilft Ihnen die im Verwaltungsrat vorhandene ökonomische Kompetenz bei der operativen Betriebsführung?

Markus Hauser: Wir sprechen die gleiche Sprache – das ist sicher ein Vorteil. Ich verstehe die Aufträge des Verwaltungsrates und trage sie in die Geschäftsleitung (GL). Für die Führung eines Spitals muss aber auch jemand die medizinische Sprache beherrschen. Da sind wir in der GL gut aufgestellt, und auch im VR besteht eine Vertretung. Mit rein ökonomischen Argumenten kann aber kein Spital geführt werden – es braucht verschiedene Disziplinen. Unser gemeinsames Ziel ist es, das Kantonsspital Glarus (KSGL) nachhaltig in eine gesunde Zukunft zu führen. Täglich diskutieren wir den richtigen Weg. Wie können wir die Strukturen schlanker machen und dabei die Patientensicherheit hochhalten? Wie steht uns mehr Arbeitszeit für den direkten Kontakt mit den Patienten zur Verfügung? Das sind Fragestellungen, zu denen es kein Richtig oder Falsch gibt. Auch mir als Ökonom ist es klar, dass es für uns nur eine gesunde Zukunft gibt, wenn wir zufriedene und medizinisch gut behandelte Patienten haben. Und den medizinisch tätigen Fachpersonen ist es ebenso klar, dass eine gesunde Zukunft nur möglich ist, wenn wir die nötigen finanziellen Mittel dazu haben.

 

Optimierungspotenzial hört man diese Tage oft – auch in den Medien. Sie haben es bereits angetönt, Herr Hauser. Ist ein Fitnessprogramm im Kantonsspital Glarus vorgesehen – und wen soll es vor allem erreichen?

Markus Hauser: Ja, bei uns läuft das Programm «Fit für die Zukunft». Wir sind fit und möchten es in Zukunft auch bleiben. Unser Image ist gut, unsere Dienstleistungen werden von den Glarnerinnen und Glarnern bestens genutzt, und die Liquidität ist für die nächsten Jahre sichergestellt. Auf dem ausgetrockneten Arbeitsmarkt können wir noch immer hervorragendes Fachpersonal rekrutieren.

Unser Programm «Fit für die Zukunft» ist die Antwort auf sich ändernde Rahmenbedingungen. Der fitteste Sportler stellt sein Trainingsprogramm um, wenn seine bewährten Trainingsmethoden plötzlich nicht mehr zum Ziel führen. Wir agieren aus einer Stärke heraus und setzen die anstehenden Veränderungen nicht unter Zwang um.

«Fit für die Zukunft» ist kein Programm, das nur die Kosten senken soll, sondern es stärkt die Wirtschaftlichkeit, was auch mit zusätzlichen Erträgen oder gezielterem Ressourceneinsatz möglich ist.

 

«Es geht um komplexe Behandlungen mit kleinen Fallzahlen.»

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Rolf Widmer
Regierungsrat des Kanton Glarus, Vorsteher Departement Finanzen und Gesundheit

Arnold Bachmann, als CEO des Kantonsspitals Graubünden haben Sie vermutlich eine vergleichbare Ausgangslage. Diese Expertise hilft, damit Zielvorgaben realistisch bleiben. Wie gehen Sie als Verwaltungsratspräsident mit all den aufkommmenden Problemen vor?  

Arnold Bachmann: Der wirtschaftliche Druck auf die Spitäler hat stark zugenommen. Das verändert sich in Zukunft nicht so rasch. Dieser Druck geht auch am KSGR oder am KSGL nicht vorbei. Meine Rollen in diesen beiden Spitälern sind jedoch unterschiedlich. Als Verwaltungsratspräsident am KSGL bin ich zusammen mit den übrigen Mitgliedern des Verwaltungsrates für die strategische Führung verantwortlich. Im VR legen wir den Fokus auf Nachhaltigkeit. Für uns sind die Trends bei der Erreichung der Qualitäts- und Ertragsziele wichtig. Verschlechtern sich diese Trends, greifen wir ein, bevor eine dramatische Situation mit Handlungszwang entsteht.

Derzeit erreichen wir die wirtschaftlichen Ziele leider nicht – was aber für die nachhaltige Sicherung des Spitals essenziell wäre. Die Geschäftsleitung ist mit der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit beauftragt. Wir unterstützen und begleiten die GL bei der Definition und Umsetzung von Massnahmen. Patentrezepte gibt es keine. Meine Erfahrungen und mein Wissen aus dem KSGR stelle ich dem KSGL gerne zur Verfügung.

Markus Hauser: Das hilft uns. Arnold Bachmann und ich diskutieren häufig auch operative Fragestellungen – von CEO zu CEO. Dabei wandern Wissen und Erfahrungen zwischen Glarus und Chur in beide Richtungen hin und her.

 

Zum Schluss noch die Frage an Sie beide: Das finanzielle Heft bleibt fest in der Hand des KSGL. Wie stellen Sie sicher, dass auch in der Optimierungsphase der Leistungsauftrag in der gewohnten medizinischen und pflegerischen Qualität jederzeit erfüllt wird?

Arnold Bachmann: Wirtschaftliche Optimierung und Sicherstellung des Leistungsauftrages in der geforderten Qualität schliessen sich nicht aus. Hielten wir an bestehenden Prozessen bei steigenden Patientenzahlen fest, müsste immer schneller gearbeitet werden – zu Lasten der Qualität. Hinterfragen wir bestehende Prozesse, kann daraus eine Qualitäts- und Zeitverbesserung resultieren. Ein Beispiel dafür ist unsere Lean Station: Hier wurden Prozesse interdisziplinär neu definiert. Das bringt mehr Zeit für die effektive Arbeit am Patienten und kürzere Wege zu Material- oder Geräteräumen. Am Schluss resultiert bei steigenden Fallzahlen eine höhere Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit bei gleichem Ressourceneinsatz.

Markus Hauser: Das sehe ich auch so: Effizienz und Qualität können sich parallel verbessern. Ein anderes Beispiel für Lean Management wären Prozessverbesserungen auf der Notfallstation. Je besser die Notfallstation organisiert ist, desto kürzer sind die Wartezeiten – für Patienten eines der wichtigsten Qualitätskriterien. Der Notfall zeigt aber gleichzeitig auch Grenzen auf. Eine noch so gut organisierte Notfallstation kann nicht beliebig viele Patienten in einer medizinisch hohen Qualität betreuen.

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