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Palliative Care

Lebensqualität am Lebensende – eine Aufgabe für alle Disziplinen

Palliative Care

Heidi Schielly und Fränzi Tschudi

«Unheilbar krank» ist für den betroffenen Patienten und sein Umfeld eine erschütternde Diagnose. Nach der ersten Phase der Verarbeitung – und auch Akzeptanz – ist ein ganzheitliches Pflegekonzept oft der richtige Weg, dem Patienten die bestmögliche Lebensqualität zu bieten. Die fürsorgliche Begleitung auf der Palliativstation geht weit über die medizinische Behandlung hinaus. Dafür müssen alle Disziplinen eng zusammenarbeiten: medizinische, pflegerische, therapeutische, soziale und spirituelle Betreuung. Es gilt Musiktherapie, Seelsorge, Ergotherapie, Physiotherapie, Ernährungsberatung und weitere Angebote gut zu koordinieren.

Die landläufige Meinung ist, dass die Palliativstation im Spital ein Hospiz, ein sogenannter Sterbeort sei. Anders als im Hospiz ist auf der Palliativstation der Aufenthalt jedoch begrenzt. Primäres Ziel ist die Linderung von Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen und anderen Symptomen, die bei einer unheilbaren Krankheit auftreten können. Dies betrifft nicht nur Patienten mit onkologischen Erkrankungen, sondern auch mit Demenz, neurologischen oder kardiovaskulären Erkrankungen. Sie erhalten Unterstützung, wenn es um Entscheidungen im weiteren Krankheitsprozess geht oder ums Erstellen einer Patientenverfügung. Auf der Palliativstation steht nicht nur der Patient, sondern seine ganze Familie im Fokus. Das gesamte Team kümmert sich darum, die Situation durch ein individuell angepasstes Symptommanagement zu stabilisieren. Im besten Fall kann der Patient in sein gewohntes Umfeld zurück. Ist dies nicht möglich, wird mit der Familie eine Anschlusslösung gesucht.

Fränzi Tschudi: In der Palliative Care hat die interdisziplinäre Arbeit einen grossen Stellenwert. Welche Betreuungsaufgaben übernehmen Sie seitens der Krebsliga?

Heidi Schielly: Wir beraten und begleiten Krebsbetroffene und ihre Angehörigen in allen Phasen der Erkrankung. Die Beratungsgespräche finden in den Beratungsstellen, im Spital oder bei Bedarf zuhause statt.

Fränzi Tschudi: Und von wem erfolgt jeweils der Erstkontakt?

Heidi Schielly: Entweder suchen die Patienten oder Angehörigen direkt bei der zuständigen Beratungsstelle der Krebsliga Hilfe oder – je nach Situation – sorgt der zuständige Arzt für den Erstkontakt. Falls sich der Patient im Spital aufhält und das Beiziehen der Krebsliga Sinn macht, werde ich vom spitalinternen Sozialdienst, von der Pflegeabteilung oder beim Rapport auf der Palliativstation darauf hingewiesen. In den meisten Fällen ist es der spitalinterne Sozialdienst, der den Kontakt mit der Krebsliga herstellt. Eine Krankheit wie Krebs trifft nicht nur die erkrankte Person. Die ganze Familie und das nähere und weitere Umfeld werden vom Krankheitsgeschehen berührt. Deswegen ist es so wichtig, Angebote zu vernetzen, um nach dem Spitalaufenthalt Unterstützung zuhause anbieten zu können.

Im Gespräch

Fränzi Tschudi studiert im Masterlehrgang Palliative Care. Seit einem Jahr arbeitet sie in der neuen Funktion als Fachverantwortliche der Palliativstation und ist seit 2014 am Kantonsspital Glarus tätig. Sie wohnt zusammen mit ihrem Partner in Ennenda. Als Ausgleich zur Arbeit ist Fränzi Tschudi viel in den Glarner Bergen unterwegs – zu Fuss oder mit dem Gleitschirm.

Heidi Schielly ist Sozialarbeiterin FH und arbeitet seit dem 1. Februar 2018 bei der Krebsliga Ostschweiz, Beratungsstelle Glarus.

 

Fränzi Tschudi: Für die Betreuung dieser Patienten müssen Sie gut über die Erkrankung informiert sein. Bekommen Sie von der Krebsliga Einsicht in die Patientenakte oder erfahren Sie den aktuellen Zustand ausschliesslich im direkten Gespräch?

Heidi Schielly: Wir erfahren den aktuellen Zustand einerseits beim wöchentlichen Rapport der Palliativstation oder im direkten Gespräch mit dem Patienten. Einsicht in die Patientenakte haben wir keine.

Fränzi Tschudi: Auf der Palliativstation können wir die Patienten mit Symptommanagement gut einstellen. Eine fortschreitende Erkrankung ist mit einschneidenden Verlusten seitens des Patienten und auch der Angehörigen verbunden und bringt viele Veränderungen in den gewohnten Tagesablauf. Dies wird den Betroffenen oft erst zu Hause richtig bewusst. Im direkten Gespräch sind Sie nahe am Patienten und seinem Umfeld. Unterstützen Sie die Patienten zu Hause auch im psychosozialen Rahmen?

Heidi Schielly: Wir unterstützen Krebsbetroffene und deren Angehörige auch nach dem Spitalaustritt und beraten sie in der Auseinandersetzung mit der Krankheit und deren körperlichen, psychischen, sozialen und materiellen Folgen und Fragen. Die Würde, die Selbstverantwortung und die Lebensqualität der betroffenen Menschen stehen im Mittelpunkt unserer Beratung.

Fränzi Tschudi: Das zeigt, wie wichtig es ist, ein Betreuungsnetz aufzubauen, das ambulante und stationären Strukturen zusammenbringt. Gehen die Informationen, die Sie als Krebsliga erhalten, auch zurück an die Palliative Care vom Kantonsspital?

Heidi Schielly: Verweilen die Patienten noch auf der Palliativstation, dann werden unsere Informationen im Rahmen des wöchentlichen interdisziplinären Rapports der Palliative Care ausgetauscht. Nach dem Spitalaustritt besteht kein Informationsaustausch mehr, da der Patientenfall dann für das Spital abgeschlossen ist.

Fränzi Tschudi: Gibt es Erkenntnisse, wie die Abläufe oder der Wissenstransfer zwischen den behandelnden Ärzten, der Palliativpflege und Heimbetreuung weiter ausgebaut werden können?

Heidi Schielly: Das «Forum Palliativ Care Glarnerland» beschäftigt sich mit diesem Thema und arbeitet daran, die Abläufe zwischen behandelnden Ärzten, Palliativpflege, Spitex, Freiwilligenorganisation und Heimbetreuung zu verbessern. Im Moment arbeitet das Forum einen palliativen Behandlungs- und Betreuungsplan aus. Dieser hat zum Ziel, die Abläufe und den Wissenstransfer zu kanalisieren und somit die palliative Betreuung zuhause oder im Heim zu optimieren. Zusätzlich wird die «Koordination Gesundheit» aufgebaut, eine Beratungsstelle des Kantons. Ihre Aufgabe ist es, über Angebote im Gesundheitswesen zu informieren und diese zu vermitteln. Der Beratungsstelle ist eine Fachstelle mit einer Fachexpertin für die spezialisierte Palliative Care angegliedert. Die «Koordination Gesundheit» besteht seit dem 15. April 2019.

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